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Rassismus in der Schule besprechen

27. April 2023

Neue Publikation: Themenheft „Rassismus“ erschienen

Seit 28 Jahren unterstützt das Netzwerk Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage Schüler*innen und Pädagog*innen, die sich für eine rassismus- und diskriminierungssensible Schulkultur einsetzen. Das neue Themenheft „Rassismus“ soll dafür Impulse und Anregungen liefern.

„Der Titel Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage benennt die Zielvorstellung. Der Weg dahin erfordert couragiertes Handeln, er ist lang und mühsam – Rassismus ist tief in die Strukturen der Gesellschaft und in die Köpfe und Herzen vieler Menschen eingeschrieben. Aber wir können und wir sollten etwas tun, um dem Ziel näherzukommen“, so Sanem Kleff, Direktorin der Bundeskoordination von Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage.

Gegen welche unterschiedlichen Gruppen richtet sich Rassismus in Deutschland? Wo fängt rassistisches Denken und Handeln an? Welche Rolle spielt struktureller Rassismus? Wie erkenne ich Rassismus, was kann ich dagegen tun? In dem Themenheft „Rassismus“ werden zentrale Fragen zum Thema aufgegriffen. Zu Wort kommen Expert*innen, die auf verschiedene Rassismusformen eingehen. Antisemitismus und seine Geschichte zeigen sich anders als die Diskriminierung gegenüber Sinti*zze und Rom*nja oder gegenüber Schwarzen Menschen. Eingewanderte und ihre Angehörigen aus Vietnam, der Türkei, dem Mittelmeerraum oder dem globalen Süden sind wieder anderen rassistischen Mechanismen ausgesetzt.

Das Themenheft „Rassismus“, Berlin 2023, 80 Seiten (A4), gibt es zum kostenlosen Download als PDF. Die Printausgabe kann für eine Schutzgebühr von 4,95 € bestellt werden: zum Themenheft im Courage-Shop

Die Autor*innen gehen auf unterschiedliche Ausformungen von Rassismus in Deutschland ein und schildern persönliche Erfahrungen mit Rassismus. Petra Rosenberg, Vorsitzende des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma Berlin-Brandenburg, zeichnet die Verfolgung und den Völkermord der Sinti*zze und Rom*nja nach. Seit dem Mittelalter leben sie in Europa. Sie wurden als Rechtlose verfolgt, 1899 wurde ihre Vertreibung zum politischen Ziel erklärt, 1929 eine Polizeistelle eingerichtet, die die Aktionen gegen Sinti*zze und Rom*nja koordinierte. Die Autorin berichtet auch von den traumatisierenden Erlebnissen ihres Vaters Otto Rosenberg im Konzentrationslager Auschwitz. Dem Nationalsozialismus fielen 500.000 Sinti*zze und Rom*nja zum Opfer. Im Schulunterricht sind ihre Geschichten kaum präsent.

In vielen Texten der Publikation werden die Medien angesprochen, die zum Teil bis heute rassistische Stereotype immer wieder wiederholen. Katharina Oguntoye, Mitbegründerin der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland, macht in ihrem Beitrag deutlich, wie wichtig eine diskriminierungssensible Sprache und selbstgewählte Bezeichnungen wie Schwarze Deutsche sind. Dank der Schwarzen Bewegung ersetzten solche Selbstbezeichnungen vielerorts herabwürdigende und häufig mit Kolonialgeschichte verbundene Begriffe.

Mit dem gängigen westdeutschen Narrativ, mit dem über Rassismus in Ostdeutschland gesprochen wird, allerdings ohne Ostdeutsche, bricht Katharina Warda. Sie berichtet von ihrer Geschichte als Schwarze aus der DDR, von rassistischer Diskriminierung und der Abwertung „des Ostens“. Sie plädiert dafür, „den Osten“ in seiner Vielfalt und Komplexität neu zu erzählen, und zwar durch die Geschichten seiner Menschen. Die Verschränkung von Rassismus und Sexismus wird in dem Text über antislawischen Rassismus von Anastasia Tikhomirova besonders anschaulich, wenn sie die Fetischisierung und Sexualisierung von Frauen aus osteuropäischen Ländern skizziert, wie sie beispielsweise geflüchtete Ukrainerinnen in Deutschland betrifft.

In weiteren Texten kommen zu Wort: Gideon Botsch über Antisemitismus, Isabell Diekmann über Rassismus gegenüber Muslim*innen, Christian Jakob über Asyl- und Flüchtlingspolitik, Sanem Kleff mit „Es gibt keine Schule ohne Rassismus“, Marina Mai über antiasiatischen Rassismus, Ronya Othmann mit „Blinde Flecken antirassistischer Diskurse“ und Eberhard Seidel über antitürkischen Rassismus. Aminata Touré und Karamba Diaby sind mit Interview vertreten, Canan Topçu und Cihan Sinanoğlu mit einem Streitgespräch. Neben ihnen gibt es auch Artikel von Schüler*innen. Angereichert ist das Heft mit weiterführenden Literaturtipps, einem erklärenden Glossar und einer Sammlung von Empfehlungen, um weniger rassistisch zu sein.

Die Erstellung des Themenheftes „Rassismus“ wurde gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“.

Pressemitteilung zum Download